Die Noise-Pop-Pioniere The Jesus and Mary Chain

// Urs Musfeld

Mit ihren bittersüssen Songs lieferten The Jesus and Mary Chain Mitte der 1980er-Jahren den Soundtrack für die Orientierungslosen.

In der hypnotischen Schlusssequenz von Sofia Ford Coppolas Meisterwerk «Lost In Translation» (2003) gleitet Bill Murray zu «Just like honey» durch das funkelnde Lichtermeer Tokyos. Was er zuvor Scarlett Johansson in Ohr geflüstert hat, bleibt dem Zuschauer verborgen. Zwei Orientierungslose verabschieden sich zu einem Song, der in seiner bittersüssen Schwere, seiner Zeitlupenhaftigkeit und dem zwischen Resignation und Flehen schwankendem Gesang schon Mitte der 1980er-Jahre zum Soundtrack der Orientierungslosen wurde.

«Just like honey», der grösste Klassiker von The Jesus and Mary Chain, ist erschienen 1985 auf ihrem Noise-Pop-Meilenstein «Psychocandy», einer verwegenen Mischung aus sehnsüchtigen Melodien und lautem Feedbacklärm.
Die Band um das schottische Brüderpaar Jim und William Reid orientierte sich an der Strandseligkeit der frühen Beach Boys, der Opulenz klassischer Phil Spector-Melodien und dem Minimalismus von Velvet Underground. 1999 lösten sich The Jesus and Mary Chain nach sechs Alben auf. Trotz ständigem Bruderzwist rauften sie sich 2007 für ein paar Reunion-Konzerte zusammen.

Und jetzt sind sie wieder da mit ihrem Comeback-Album «Damage&Joy». Geblieben sind die Hooks, die Riffs, der Harmoniegesang, die Liebes-, Abschieds- und Durchhaltelieder – verschwunden sind die verzerrten Gitarren. Mit dabei als Gastsängerinnen Isobel Campbell (Ex-Belle&Sebastian), Sky Ferreira und Bernadette Denning. The Jesus and Mary Chain haben sich nicht neu erfunden, keinen Klassiker gelandet, altersmüde sind Jim und William Reid deswegen nicht.

Urs Musfeld

 Urs Musfeld

SRF «Sounds!»-Musikredaktor von 1980-2017, 
noch immer unterwegs in den unendlichen Weiten des Musik-Dschungels mit dem Ohr für das Besondere.

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1 Kommentar

Kommentar: Stefan steiner //

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