Robert Forster - «Inferno»

// Urs Musfeld

Robert Forster zählt zu den renommiertesten Songwritern Australiens. Gemeinsam mit Grant McLennan gründete er 1977 die Go-Betweens. Auch heute noch verehrt, waren sie eine der unterschätztesten Bands der Popgeschichte und vermutlich die einzige nach der eine Brücke benannt wurde: The Go-Between Bridge in Brisbane, der Heimatstadt der beiden Musiker.

Vom Beginn bis zur Auflösung 1989 schafften sie nie den ganz grossen Durchbruch. Sie waren zur falschen Zeit mit der richtigen Musik am falschen Ort. Nach einer Reunion im 2000 erlebte die Band eine fruchtbare Renaissance. Der plötzliche Tod von Grant McLennan im 2016 bedeutete das endgültige Ende der Go-Betweens.

Seither ist Robert Forster vermehrt als Autor tätig und schreibt eine regelmässige Kolumne für das australische Magazin «The Monthly». 2016 erschien das lesenswerte Buch «Grant & I», die Geschichte seiner Band und der besonderen Freundschaft mit Grant McLennan. Ausserdem setzte er seine Solo-Karriere fort, die er 1990 begonnen hatte. Wie sein Debut «Danger In The Past» hat er das neuste, siebte Album «Inferno» in Berlin aufgenommen, wieder produziert von Victor Van Vugt (PJ Harvey, Nick Cave & The Bad Seeds). Als Gastmusiker zu hören sind der Pianist Michael Mühlhaus (Blumfeld, Die Türen) der Tindersticks-Schlagzeuger Earl Harvin, der Multiinstrumentalist Scott Bromley und Forsters Frau Karin Bäumler an der Geige, am Glockenspiel und als Duett-Partnerin. Robert Forsters literarische Songwriterqualitäten, die Fähigkeit, dem Augenblick nachzuspüren und sein Flair für eingängige Pop-Melodien verleihen auch diesem Album eine besondere Note. Die aktuellen Lieder klingen mal humorvoll, mal sarkastisch, mal Mut machend, mal melancholisch, immer unaufgeregt, stilvoll, unprätentiös und ehrlich - getragen von einer neuen Gelassenheit und Entspanntheit.

Er scheint sich wohlzufühlen in seinem Leben als Quasi-Hausmann, umgeben von Büchern und Familie - und glücklich, jeden Tag so zu nehmen wie er kommt im zart-romantisch trällerenden «The morning» oder mit bleibenden Träumen von Grossstädten («Remain»). Auf «No fame» blickt der 61-jährige Grandseigneur Robert Forster zurück auf die Sorglosigkeit seiner Jugend, einfach nur das zu tun, worauf man Lust hat: «I don`t need no fame» - wie es im Refrain heisst. Verschlafen präsentiert sich der Opener «Crazy Jane on the day of judgement», der gefühlvollen Vertonung eines William Butler Yeats Gedichtes. Das hämmernde, rastlose an den Glam-Rock von Roxy-Music erinnernde «Inferno (Brisbane in summer)», geschrieben unter dem Eindruck einer wochenlangen Hitzeperiode, sorgt dafür, dass es nicht zu idyllisch wird. «I`m looking after you» vermittelt die Stimmung eines milden Sommertages. Einen absoluten Höhepunkt bildet die abschliessende, herzzerreissende Ballade «One bird in the sky», basierend auf akustischer Gitarre und Piano, flankiert von Geige und Schlagzeug - mit den Zeilen: «Eat only what I eat, breathe only what I breathe, well that`s me». «Inferno» ist ein Spätwerk ohne Alterserscheinung. Robert Forsters Gesangsdarbietung überzeugt mehr denn je und reisst genauso mit wie der Charme seiner Texte.

 

Urs Musfeld

 Urs Musfeld

SRF «Sounds!»-Musikredaktor von 1980-2017, 
noch immer unterwegs in den unendlichen Weiten des Musik-Dschungels mit dem Ohr für das Besondere.

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