Laura Gibson - «Goners»

// Urs Musfeld

«Here comes the end of the future, if we’re already goners, why wait any longer?», so beginnt Laura Gibson den Titeltrack ihres neuen Albums «Goners», begleitet von einem munteren Rhythmus und todtraurigen Bläsern. Und weiter: «I meant to sing the truth, but the truth didn’t rhyme». Melodiöser, lieblicher und zugleich fatalistischer hat Untergangsstimmung selten geklungen.

Um Verlust und Trauer drehen sich die Lieder der Singer/Songwriterin Laura Gibson auf ihrer neuen, fünften CD «Goners». Goners («Verlorene») nennt man Sterbende, aber auch jene, die sich in der Liebe zu einem Menschen verlieren. Mit 13, beziehungsweise 14 verlor die 39-jährige Singer/Songwriterin ihren Vater und ihre engsten Freunde. «Für mich war die Teenager-Zeit anders als für viele Leute in meiner Umgebung. Deswegen schrieb ich jetzt darüber, wie der Verlust uns prägt und wie man mit Schmerz umgehen kann und den Schmerz auf andere überträgt und wie sich der Schmerz auf die Liebe und die Intimität auswirkt», erklärt die Wahl-New Yorkerin, aufgewachsen in einem kleinen Ort in Oregon, in einem Interview. «I carry water» eingeleitet von geisterhaften Pianoklängen, erinnert an dieses traumatische, prägende Ereignis und fragt ins Jenseits: «Could you teach me to lose some­one?»

Wenn Gibson von inneren Tumulten singt, tut sie es mit sanfter Stimme. Harmlos ist sie nie. In «Slow joke grin», einem Nachdenken über das weibliche Begehren, erklärt sich die Heldin mit der lapidaren Zeile: «But I was never one to second guess and draw a line between love and fear of loneliness.» («Aber ich war nie jemand, der voraussieht und eine Linie zwischen Liebe und Angst vor Einsamkeit zieht»). Stets lauert bei Gibson unter der lieblichen Oberfläche Beängstigendes. Ihre Texte erinnern mehr an Fabeln als an Liedzeilen.

Das Zusammen-oder Gegenspiel von Klang und Lyrik ist ausgeprägter als auf ihren vorherigen Alben. Erstmals singt sie ausschliesslich selber, oft mit übereinandergeschichteten Stimmen, was dem Ganzen eine leicht surrealistische Note verleiht und gut zum Erzählstil passt. Die Gitarre tritt auf «Goners» eher in den Hintergrund, zugunsten von Piano und Wurlitzer. Streicher und Holzbläser sorgen zusätzlich dafür, dass die Klangwelten jenen weitläufigen, von Begegnungen, Beziehungen oder Verlust geprägten Landschaften entsprechen, die sich Laura Gibson vorgestellt hat. Unterstützt wurde sie durch eine Vielzahl befreundeter Musiker und Musikerinnen, darunter Death Cab For Cutie Gitarrist Dave Depper, Schlagzeuger und Perkussionist Dan Hunt (Neko Case), Kontrabassist Nate Query (The Decemberists) , Multiinstrumentalist und  Arrangeur Kelly Pratt (Beirut, David Byrne) und Violinistin Kyleen King (Stephen Malkmus, Grandaddy).

Auf «Goners» macht Laura Gibson das Schwere leicht, das Leichte tief - oder in ihren eigenen Worten: «Ich glaube, ich werde nie ein fröhliches Pop-Album machen, Ich denke aber auch nicht, dass meine Musik depressiv ist, denn ich versuche Songs zu schreiben, die sowohl Schmerz wie auch Hoffnung ausdrücken.»

Urs Musfeld

 Urs Musfeld

SRF «Sounds!»-Musikredaktor von 1980-2017, 
noch immer unterwegs in den unendlichen Weiten des Musik-Dschungels mit dem Ohr für das Besondere.

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